Speisekino Moabit 2015 #1
Abbruch – Aufbruch
Kuratiert von Daniel Kötter.
In Mönchengladbachs Zentrum weicht ein modernistisches Stadttheater einem Einkaufs- und Erlebniszentrum.
In China werden zwei Milliarden Quadratmeter neuer Baufläche für die Urbanisierung bereitgestellt.
In beiden Fällen steht der kontinuierliche Prozess der Produktion von städtischem Raum für einen Moment still.
Ein Abend mit zwei Architektur-Filmen zwischen rheinischem Sauerbraten und Chinakohl, zwischen Abbruch und Aufbruch.
Für Stadtraum und Magen gilt dabei: „Es darf kein Vakuum entstehen, dass dazu verführen könnte, sich die Leere als Potential vorzustellen.”
Informationen zum Abend
Tür öffnen um 19:00 Uhr
Eintritt Frei
Essen ab 19:30 Uhr (bis alle Essen verkauft sind)
Menü: 7 euro
Film bei Sonnenuntergang
Sprache: Originalsprache mit englischen Untertiteln
Ort: Auf der Terrasse des ZK/U
Weitere Informationen zu den Filmen
Man Made Place
Regisseur: Yo-Shen Su
China, 2013, 53’
Stadt ist ein Produkt der menschlichen Zivilisation. Wenn man ‚Stadt’ sinnbildlich mit dem menschlichen Körper vergleicht, dann sind die Menschen, die in der Stadt leben, wie die Seele des Körpers. Eine Stadt ohne Bewohner ist wie ein Körper ohne Seele. Und ist der Lebenszyklus einer Stadt nicht auch vergleichbar mit dem Lebenszyklus eines Menschen, von Geburt über Reifeprozess bis zu Verfall und Tod?
China, ein seit Jahrtausenden weitestgehend landwirtschaftlich geprägtes Land, hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einer industriellen und wirtschaftlichen Weltmacht gewandelt. Zurzeit befindet es sich in einer Phase, die von einer sich rasant entwickelnden Urbanisierung geprägt ist. Jedes Jahr werden ca. zwei Milliarden Quadratmeter neuer Baufläche in China fertiggestellt, dafür werden bis zu 40 Prozent der Zement- und Stahlvorräte der Welt verbraucht.
Der Dokumentarfilm Man Made Place zeigt durch eindrucksvolle Bilder, wie sich zwei besondere Städte – und der Bezug der Menschen zu diesen Städten – während der Urbanisierungswelle in China entwickelt haben und entwickeln. Yumen – eine verfallene Geisterstadt, Kangbashi – eine mythische zukünftige Stadt, beide sind nahezu menschenleer. Sie existieren, und zwar aus ganz verschiedenen Gründen.
Kangbashi: Die Stadt soll das neue Verwaltungs-, Forschungs-, Finanz-, und Ausbildungszentrum im Ordos Plateau in der Inneren Mongolei werden. Obwohl die öffentliche Infrastruktur bald fertiggestellt ist und die Häuser schon fast alle verkauft sind, ist die Stadt immer noch weitgehend menschenleer.
Yumen: Yumen ist eine kreisfreie Stadt in der Provinz Gansu im Hexi-Korridor. Dort ist Chinas älteste Ölproduktionsbasis - das Yumen-Ölfeld. Seitdem die Ölreserven erschöpft sind, ist die regionale Wirtschaft in eine schwierige Lage geraten. Die meisten Bewohner sind daher umgesiedelt. Viele Gebäude in der Stadt werden deshalb auf lange Sicht als Ruinen verbleiben.
state-theatre #6 MÖNCHENGLADBACH
Regisseuer: Daniel Kötter, Constanze Fischbeck
Deutschland, 2013, 46’
mit Nicolas Beucker, Bastian Blei, Karl Boland, Busso Diekamp, Martina Fecke, Norbert Krause, Hans Schürings, Detlev Schneider, Susanne Titz
Die kleine westdeutsche Stadt Mönchengladbach, ehemals Zentrum der Textilindustrie, unternimmt den Versuch, sich selbst eine neue Mitte zu verleihen: Das modernistische Stadttheater, seit 15 Jahren verlassen und ungenutzt, wird rückgebaut und weicht einem Einkaufs- und Erlebniszentrum.
Dieser kontinuierliche Prozess der Produktion von städtischem Raum steht für einen Moment still, als eine Gruppe von Bürgern die winterliche Leere betritt, um den öffentlichen Diskurs über die Aneignung ein letztes mal zu inszenieren: „Es darf kein Vakuum entstehen, dass dazu verführen könnte, sich die Leere als Potential vorzustellen.”
state-theatre ist eine sechsteilige Reihe von experimentellen Dokumentarfilmen über die städtebaulichen Bedingungen des Performativen anhand der sechs Fallstudien Lagos, Tehran, Berlin, Detroit, Beirut und Mönchengladbach.
state-theatre untersucht jene Orte, die ihrem unmittelbaren gesellschaftlichen Funktionszusammenhang entkleidet sind. Verlassene Orte, Baustellen, um- und ungenutzte Gebäude; urbane Leerstellen, ursprünglich konzipiert als Orte der Versammlung.