Arbeitslied – Während die Zeit vergeht
Musical
Text und Regie: Hajnal Németh
Musik: Brian Ledwidge Flynn
Darsteller_innen: Simon Fagan and band (Matthew Dal Din, Gidon Carmel, Christian Thor Bringzen, Francesco De Rosa), Gábor Altorjay, Desney Bailey, Knut Berger, Timothy Beutler, Polina Borissova, Thomas Leo Chapman, Lea Draeger, Júlia Koffler und Albert Orgon
Mitwirkende: Gergely László, Gergely Eortzen Nagy und Annette Wiegand
Projektleitung: Clara Stein
Technische Leitung: Gustavo Sanromán
Übersetzungen: Christina Kunze, Dániel Sipos
Stimmen über Stimmen: die passive Stimme, die lenkende Stimme, die eindeutige Stimme, die zweifelnde Stimme, die fehlende Stimme, die geeignete Stimme, die wählende Stimme, die resignierte Stimme, die späte Stimme, die gegenwärtige Stimme, die unsichtbare Stimme, eine andere Stimme, die freie Stimme und die kontrollierte Lautstärke.
Das Stück folgt formal der Choreografie öffentlicher Open-Mic-Veranstaltungen, bei denen die jeweiligen Bewerber mit ihren eigenen Produktionen auftreten und ihren Vortrag entsprechend den vermuteten oder tatsächlichen Erwartungen gestalten. Hier in diesem Fall bewerben sich die Kandidaten auf verschiedene Rollen im Musical „Arbeitslied“. Die Existenz der Rollen ist jedoch – ebenso wie das Musical selbst – nur Fiktion, das eigentliche Stück bildet der Prozess des Castings für die Rollen, die Anhörung. Die Bewerber treten in Gegenwart anderer Bewerber und die – durch das Publikum vollständigen – Komission auf, und so wird das Publikum mit seiner Anwesenheit Teilnehmer der Aufführung, wenn auch gleichsam als Voyeur. Diese Situation wird verstärkt durch das Fehlen einer Bühne sowie jeglichen Zubehörs wie Bühnenbeleuchtung, Kulissen und Kostüme. Die Einrichtung des Raumes suggeriert, dass jeder ans Mikrofon treten könnte, die konsequente Choreografie hingegen macht die vorab konzipierte, geschlossene und komplexe Komposition offenbar. Innerhalb dieser Konstruktion öffnet sich ein freier Bewegungsraum – abhängig von der individuellen Interpretationsweise der Vortragenden – für Improvisation und stellenweise für Abweichungen vom Textbuch.
Die verschiedenen, aufeinander folgenden Lieder, Gedichte und Prosatexte bringen eine hervorgehobene Botschaft und einen dieser untergeordneten Handlungsfaden gleichermaßen voran. In der linearen Verbindung der Teile verbirgt sich keine konkrete Handlung, sondern Auszüge aus mehreren Handlungen, die Gebundenheiten oder Möglichkeiten, die Lebensführung und die Perspektiven arbeitender und nicht arbeitender Menschen. Zwei gegenläufige Auffassungen geraten in Opposition zueinander: die Existenz durch die Arbeit als exklusives System von Beziehungen und der Zustand der Arbeitslosigkeit als interpretierbare Grundsituation.
Diese Spiegelung veranschaulichen die inhaltlich konsequent entgegengesetzten Texte der beiden Grundlieder des Musicals, „Arbeitslied“ und „Absolution“. Die anderen Lieder, die gesungen werden, sind teilweise Reskripte und Adaptionen, die von einer musikalischen Komposition zusammengehalten werden, die sich durch das gesamte Stück zieht und ein einziges Thema variiert: dem „Lied ohne Arbeit“.
Gefördert durch die Kulturverwaltung des Berliner Senats.
Weiterer Unterstützer: Allianz Kulturstiftung
Partner in der Realisierung: CHB – Balassi Institut, ZKU – Zentrum für Kunst und Urbanistik